Join the Crew Erfahrungsbericht Albanische Alpen

Join the Crew Erfahrungsbericht

Lesezeit: 9 Minuten

Ich war mit Join the Crew in Albanien unterwegs und möchte hier meine Erfahrungen teilen. Ursprünglich wollte ich keinen Erfahrungsbericht schreiben, allerdings habe ich nirgends welche gefunden und es gab Dinge, die ich gerne vorher gewusst hätte. Daher erfährst du hier alles zu meiner Reise und in Gänsefüßchen das, was mir Join the Crew-Ultras von anderen Touren erzählt haben. Die gebuchte Tour Albanische Alpen geht acht Tage und sieben Nächte durch den Norden Albaniens und beinhaltet fünf Wanderungen. Die Tour wird, anders als die meisten JTC-Touren, bei ZBULO – Albania & Beyond zugekauft. Das macht die Tour auch etwas anders, da es einen lokalen Guide gibt.

Wandern Albanische Alpen JTC

In unserer Reisegruppe waren alle recht unterschiedlich, aber wir waren eine sehr gut zusammenpassende Gruppe und die Wanderungen sowie Abende haben Spaß gemacht. Bis auf eine Ausnahme waren alle über 30 und von der introvertierten Zollbeamtin, über den entspannten Softwareentwickler bis zur partyliebenden Ärztin waren aus allen Bereichen Menschen dabei. In unserem Fall war die Aufteilung zwischen intro- und extravertiert genau die Hälfte. Es waren 1/3 Männer und 2/3 Frauen. Der Großteil waren Akademiker von Bachelor bis zum Doktortitel. Alle hatten niemanden im Freundeskreis, der Lust auf Wandern hatte, und die Hälfte der Gruppe hat noch nie alleine eine Reise geplant. Die anderen waren durch den Job so ausgelastet und hatten keine Lust auf die Planung und wollten „einfach nur mitlaufen und sich um nichts kümmern“. Die Mischung war wirklich sehr gut und jeder hatte auch seinen Freiraum für sich, wenn er oder sie etwas Abstand haben wollte. Die Gruppe ist natürlich bei jeder Reise anders, aber von der Art der Teilnehmenden wird diese schon recht ähnlich sein.

Die Unterkünfte haben 2-5-Bettzimmer und es wird je nach Teilnehmenden die Aufteilung gestaltet. Da wir vier Männer waren und es keine Zweibettzimmer gab, sind wir immer in die Vierbettzimmer gekommen. Gebucht war zwar eigentlich ein Doppelzimmer, welches es aber in den gebuchten Unterkünften nie gab. Dafür hat Join the Crew mir nachträglich 140 € erstattet, was für mich vollkommen fair war. Es war ein bisschen wie auf Klassenfahrt und hat auch echt Spaß gemacht, da alle zur gleichen Zeit aufstehen und auch schlafen gehen. Es ist daher nicht vergleichbar mit einem Backpacker-Hostel.

Unterkünfte Albanische Alpen

Hier siehst du die fünf Unterkünfte, in denen du voraussichtlich übernachten wirst. Je nach Tourverlauf können sich die Unterkünfte jedoch noch ändern. Die Auswahl der Unterkünfte war insgesamt sehr gut. Beispielsweise liegt das Guest House Rrashkadoli zwar nicht direkt im Stadtzentrum, bietet dafür aber die beste Aussicht, das leckerste Essen und die sympathischsten, lokalen Gastgeber.

Das Essen war ausgezeichnet und es Vollverpflegung, und das Frühstück und Abendessen waren immer in der jeweiligen Unterkunft. Für die Wanderungen gab es eine Lunchbox mit Brot, Tomaten, Eiern und einem Apfel. Besonders überrascht hat mich, wie frisch und regional alles war, da ein Großteil selbst hergestellt war. Es gab immer Oliven, Weißkäse und Petulla, eine albanische Spezialität, die es zum Frühstück gibt. Einmal gab es sogar Pfannkuchen, und in einer Unterkunft wurden hausgemachte Würstchen gegrillt. Das Frühstück und die Lunchbox waren immer recht ähnlich, aber das Abendessen war jeden Tag unterschiedlich, und zu jedem Essen gab es eine Suppe als Vorspeise und sogar einen Nachtisch. Das Essen war insgesamt ausgezeichnet und sehr lecker.

Hinweis für alle Vegetarier, Veganer und Allergiker: Die albanische Küche ist sehr fleischlastig, und als Vegetarier kommt ihr gerade noch mit dem Essen klar, aber als Veganer werdet ihr nichts richtig leckeres finden. Die Unterkünfte nehmen Rücksicht auf euch, und es gibt auch laktosefreie, nussfreie oder sonstige Optionen. Ihr müsst das nur unbedingt vorab mitteilen.

Essen Albanien

Unser albanischer Guide kommt eigentlich aus dem Kosovo und kennt sich gut in den gesamten Bergen der Region aus. Zudem gab es viele Geschichten über den Kosovo-Krieg und vom wahren Leben in der Region. Der Guide hatte immer was zu erzählen, wenn man danach gefragt hat, und auch immer ausgezeichnete Empfehlungen für die jeweilige Region. Dieser hatte auch ein ausgezeichnetes Netzwerk unter den anderen Guides und den Locals vor Ort. Ein Teilnehmer hat beispielsweise seine AirPods in der Unterkunft vergessen, der Guide hat jemanden organisiert, der diese abholt und einen Tag später vorbeibringt. Das war wirklich Gold wert und hat die gesamte Reise für alle deutlich vereinfacht. Eine Teilnehmerin hat sich auch sehr über unseren albanischen Guide gefreut und gesagt: „Normalerweise gibt es nur deutsche Guides, die nichts vom Land kennen und keine Ahnung von Kultur haben.“

Ein Nachteil war jedoch, und jetzt kommen wir schon zu den schlechten Erfahrungen der Reise, dass der Guide sehr ambitioniert war und die Wandergruppe sich immer wieder in zwei Gruppen aufgeteilt hat. Klar, es wurde immer wieder auf die langsameren Teilnehmer gewartet, dann aber auch wieder direkt losgelaufen. Bei einer Wanderung wurde sogar jemand zurückgelassen und im WhatsApp-Chat kam die Nachricht: „Es fängt langsam an zu regnen. Soll ich schon alleine zurückgehen oder warten?“ Ich selbst hatte eine Lebensmittelvergiftung und konnte an einer Wanderung nicht teilnehmen, und habe an dem Abend bereits gesagt, dass ich den nächsten Tag wahrscheinlich nicht mitwandern werde und einen Transport zur nächsten Unterkunft benötige. Das wurde abends noch bejaht und am nächsten Tag musste ich dann aber doch mitwandern, obwohl ich die letzten 24 h nur zwei Scheiben Brot und einen Apfel gegessen hatte und unglaubliche Bauchschmerzen hatte. Mir wurde aber der Hinweis gegeben, dass, wenn ich nicht mehr kann, auch alleine zurücklaufen kann und mich dann zur nächsten Unterkunft fahren lassen soll. Mit dem JTC-Teamgeist hatte das leider gar nichts zu tun.

Warum es einen deutschen Guide gegeben hat, kann ich nicht verstehen. Dieser hat selbst gesagt, dass er überflüssig ist, und bis auf die WhatsApp-Gruppe und das gemeinsame Vertrag-Vorlesen hat der Guide nichts machen müssen, was nicht auch ein normaler Teilnehmer gemacht hätte. Der albanische Guide hat alles organisiert und wir waren halt auch alle alt genug, um Sachen selbst zu klären. Vielleicht macht das bei Touren für Anfang-20-Jährige Sinn, aber bei dieser Tour war es absolut unsinnig. Der Guide bekommt die Tour bezahlt und dazu 700 € Bezahlung dafür, dass er selbst Urlaub macht. Das finde ich schon sehr komisch, wenn man dann noch erfährt, dass der Guide noch nie in Albanien war und nichts über die Wanderungen und Tagesabläufe wusste. Klar, es gab ein internes Dokument mit Details, aber die haben vorne und hinten nicht gestimmt.

Das ist auch der nächste Kritikpunkt, dass es viele falsche Informationen gab und selbst das Join the Crew-Team keine Ahnung von der Tour hatte. Ich weiß nicht, ob das allgemein ein Problem bei Join the Crew ist oder daran liegt, dass die Tour zugekauft wird. Die Website hat falsche Informationen, die JTC-Servicehotline auch, und der Guide hat selbst veraltete und damit falsche Informationen in den Chat geschrieben. Die angegebenen Doppelzimmer gab es bei nur einer Unterkunft. Es sind 2-5-Bettzimmer, welche je nach Gruppengröße und Geschlechtern unterschiedlich aufgeteilt werden. Obwohl ich vorab telefonisch nachgefragt habe und auch in der Buchung „Doppelzimmer“ steht, gab es diese halt einfach nicht. Dann ist die Tour als mittelschwer eingestuft, was ich als durchtrainierter Marathonläufer nicht bestätigen kann. Die Routen sind deutlich schwerer als angegeben und auch die Höhenmeter, Distanzen und Wanderzeiten sind länger als angegeben.

Auch die Packliste war sehr komisch und es fehlten hier wichtige Dinge. Unser Guide hat uns vorab eine Nachricht mit dieser Packliste in den Chat geschickt und den Hinweis gegeben, Camping und Essen wegzulassen. Ich hatte vorher schon auf der Website eine andere Join the Crew-Packliste gefunden, die war aber nochmals anders als die uns mitgeteilte, und es fehlten auf allen Packlisten die wichtigsten Dinge für Albanien.

  • Reisetabletten – da die Straßen sehr kurvig sind und die Busfahrer viel zu schnell fahren.
  • Ohrstöpsel & Schlafmaske – falls jemand schnarcht und nicht alle Zimmer richtig dunkel sind.
  • Blasenpflaster – weil du dir trotz eingelaufener Wanderschuhe eine Blase laufen wirst.
  • Handdesinfektion – da du beim Wandern dreckige Hände haben wirst und damit deine Lunchbox isst.

Zu den Gegenständen, die nicht aufgelistet sind, kommen überflüssige, wie beispielsweise ein Rucksack mit 55l und eine Trinkblase. Ein viel kleinerer Rucksack reicht aus, da nur Essen und Wasser transportiert werden muss. Zudem reichen auch Flaschen beim Wandern vollkommen aus, da Trinkpausen gemacht werden. In der Gruppe haben sich unzählige Teilnehmende extra eine Trinkblase gekauft, weil es halt auf der Liste stand. Meine Backpacking Packliste ist da deutlich sinnvoller.

Das Geld für die Crewkasse wurde am Anfang der Tour von einer Teilnehmerin eingesammelt und verwaltet. Damit wurden Trinkgelder und Getränke vor Ort bezahlt, da trotz Vollverpflegung einige Sachen nicht inkludiert sind. Der Betrag ist vorher bereits ganz unten im Text angegeben und stimmt auch ungefähr überein. Dass bei Vollverpflegung alkoholische Getränke nicht inkludiert sind, ist verständlich, aber dass teilweise Kaffee und Tee nicht, finde ich schon merkwürdig.

Alkohol ist eh so ein Thema, weil alles aus der Crewkasse bezahlt wird, wird der Alkohol querfinanziert. Beispielsweise 138 €! für sechs Flaschen Wein in einem Restaurant in Tirana. Getrunken haben von den 14 Teilnehmenden einige ein Glas und ein kleiner Teil der Gruppe den Rest der Flaschen. Dazu sind über die Tour mindestens nochmal 60 Raki gekommen und einiges an Bier. Das war bei unserer Gruppe noch vergleichsweise harmlos, wenn man die Erfahrungen von anderen Touren hört. Eine Teilnehmerin hat erzählt: „Beim Segeln in Kapverden und auf Island wurde die gesamte Crewkasse versoffen. Das ist gerade beim Segeln ein ungeschriebenes Gesetz.“ und ein anderer Teilnehmer: „Beim Skiurlaub mussten die Guides nichts machen und für die war das einfach ein billiges Mitsaufen.“

Fairerweise muss ich hier sagen, dass bei uns ein Teil der Teilnehmenden dafür auch nachträglich mehr eingezahlt hat, allerdings nicht ansatzweise so viel, wie getrunken worden ist. Nachvollziehbar ist das auch nicht wirklich, da die Kasse ohne Nachweis geführt wurde. Dafür, dass bei Join the Crew alles im Crewvertrag geregelt ist, fehlen hierzu leider sämtliche Informationen.

Apropos Crewvertrag und der Einweisung am ersten Abend, dieser „Vertrag“ muss am Anfang von allen unterschrieben werden, ist jedoch kein richtiger Vertrag, sondern nur eine Auflistung der wichtigsten Punkte aus den AGBs, an die sich jeder halten soll. Auch wenn jeder Teilnehmende bereits bei der Buchung diesen zugestimmt hat, geht man gemeinsam noch einmal alle Punkte durch. Es ist dort alles genau beschrieben, wie viel Trinkgeld wann gegeben werden soll und wer welche Aufgabe übernimmt. Beispielsweise müssen kaputte Teller ersetzt werden, die Natur und Menschen sollen geachtet werden und an deutsche und albanische Gesetze sollte man sich halten et cetera. Das fand ich ehrlich gesagt etwas überflüssig, da schönes Wetter war und wir wie in der 6. Klasse gemeinsam die Regeln durchgehen mussten. Das Ganze wird noch lustiger, wenn man bedenkt, dass alle über 30 waren und diesen Vertrag laut vorlesen mussten. Ein Spiel zum Kennenlernen am ersten Abend wäre deutlich sinnvoller gewesen.

Join the Crew Erfahrungsbericht Albanische Alpen

Wie gerade schon erwähnt, ist im Crewvertrag auch das Trinkgeld genauestens vorgegeben. Klar, es sind nur Empfehlungen, aber ich glaube nicht, dass irgendeine Gruppe davon abweichen würde. Im Restaurant und in den Unterkünften Trinkgeld zu geben, finde ich auch vollkommen fair, da die Menschen sich echt Mühe gegeben haben und nicht viel Geld zur Verfügung haben. Was ich jedoch sehr frech fand, war, dass der albanische Guide mittelmäßig bezahlt wurde und wir dann als Empfehlung bekommen haben, 25 € pro Person dem Guide zu geben. Warum zahlen alle Teilnehmer so viel Geld für die Tour, und Join the Crew bezahlt die Guides schlecht und gibt dann noch den Hinweis, dass wir das im Nachgang per Trinkgeld machen sollen!?

Die Guides bekommen je nach Level und Verhandlungsgeschick 80–120 € pro vollem Tag, also 560–840 €, und unsere 12 Teilnehmer starke Gruppe soll 300 € als Trinkgeld geben? Das ist die Hälfte des Wochenlohns und entspricht einem Trinkgeld von +50 % von dem von JTC vorgegebenen. Das kann es wirklich nicht sein. Der albanische Guide war wirklich sehr bemüht und auch 24 h am Tag verfügbar, da kann der auch eine faire Bezahlung bekommen und nicht auf Trinkgelder hoffen müssen.

Die Kostentransparenz der gesamten Reise finde ich eh ein bisschen komisch. Angefangen von der nicht überprüfbaren Crewkasse, über die Trinkgeldregelungen für die Guides bis hin zu den nicht direkt sichtbaren Kosten. Das hält sich bei dieser Tour mit 120 € in Grenzen, weil es Vollverpflegung gibt, aber wenn ich dann Touren nach Thailand sehe, welche mit ab 1.590 € beworben werden. Klickt man drauf, steht dann 1.590–1.990 € und am Ende der Seite stehen dann die Kosten für die Crewkasse mit 390 € und dann noch optionale Aktivitäten wie Rollermiete. Klar, verkauft sich ab 1.590 € besser als 2.380 €, aber für das Geld kann man einen ganzen Monat durch Thailand backpacken.

Abreise Tirana

Fazit Join the Crew

Buchst du deine Reise mit Join the Crew, dann bekommst du eine sehr gut zusammenpassende und gleichaltrige Gruppe. Das ist wirklich ein sehr großer Vorteil gegenüber Touren, die jedes Alter akzeptieren. Verbesserungspotenzial gibt es jedoch bei den Informationen vorab, dem Crewvertrag und der Kostentransparenz, da der deutsche Guide komplett überflüssig ist. Wer Gruppenreisen mag und selbst nicht gerne Reisen plant oder gerade niemanden hat, der mitkommt, für den ist Join the Crew ideal. Hast du hingegen Zeit und kannst selbst planen und/oder dir einen Reisepartner suchen? Dann plane lieber selbst eine Reise und reise länger von dem Geld.

Solltet ihr Segel gehen, achtet bei der Buchung auf das angegebene Partylevel. Es gibt wenig negative Bewertungen, aber alle beziehen sich auf die Segeltouren, bei denen Segeler gar keine Party erwartet haben. Eine Teilnehmerin hat gesagt: „Mehr Boote, mehr Party! Segeln ist hauptsächlich für Menschen, die Party machen, es sei denn bei Segeltörns mit vielen Meilen und wenig Booten.“

Insidertipp: Am meisten lohnt sich die Tour für die Guides selbst, weil du dafür nichts zahlen musst und dafür bezahlt wirst. Unser Guide hat beispielsweise einen Vollzeitjob und macht pro Jahr drei Wochen Urlaub als Guide bei JTC. Die Aufgaben sind gerade in den Gruppen über 30 nicht wirklich vorhanden, und bei den Gruppen in den 20igern ist das ein oder andere Mal Hilfe notwendig. Pro Reise bekommt ein JTC-Guide 700 €, ab 9 Reisen sogar 900 €, und machst du das hauptberuflich sogar 1.100 €. Die Einnahmen müssen aber versteuert werden.

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